Wissenschaftliche Politikberatung am Beispiel der Corona-Pandemie

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Inhaltsskizze

Wissenschaftliche Politikberatung zeichnet sich heutzutage meist durch drei Merkmale aus: die Beratung der Politik durch eine Expertengruppe, die Übermittlung der Ergebnisse in Berichtsform und der politisch funktionale Status der Wissenschaften in der Beratung. Die dazu notwendige Kommunikation kann von zwei Seiten initiiert werden: von den PolitikerInnen oder von den WissenschaftlerInnen. Wobei sich hier eine Schwierigkeit eröffnet, denn zwischen diesen beiden klar getrennten Berufsgruppen gibt es mittlerweile ein florierendes Zwischenreich von quasi-wissenschaftlichen Beratungsinstitutionen. Zu nennen sind bspw. (private) wissenschaftliche Institute (unabhängig von öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen), große Beratungsgesellschaften (häufig mit wirtschaftlichem Fokus), (Interessen-)Verbände (von Unternehmen, NaturschützerInnen, Organisationsstrukturen wie Städten etc.), institutionalisierte Gremien, Beiräte und Kommissionen, in die – meist im Wechsel – WissenschaftlerInnen berufen werden.

Die Ergebnisse der Beratung sind teilweise nicht öffentlich zugänglich. Aus diesem Grund hat sich neben dieser klassischen Politikberatung eine neue Beratungsform etabliert. Deren Ziel besteht vor allem in der umfassenden wissenschaftlichen Information über gesellschaftlich relevante Themen. Dabei geht es aber nicht nur um die Beratung der (professionellen) PolitikerInnen, sondern vor allem darum, wissenschaftlichen Erkenntnisse einer breiten Bevölkerungsschicht offen zugänglich zu machen. Die oben genannten Institutionen sind bei dieser Beratungsform häufig proaktiv tätig. Ein große Rolle in diesem Prozess kommt zudem allen Medien zu, da diese die Informationen aufbereiten und weit zugänglich veröffentlichen. Insgesamt scheint hier ein klassisch philosophisches Ideal durch, nach dem ein gut informierte Bürgerschaft die Basis für gutes politisches Handeln darstellt (modernes Schlagzeile: Vermeidung von Herrschaftswissen). Das heißt, dass auch in dieser Beratungsform die Wissenschaft eine funktionale Dienstleistung für die (politische) Gesellschaft erbringt, aber in einer eher basisdemokratischen Art.

Thematisch widmen wir uns einem Beispiel der zweiten Beratungsform: dem „Corona Virus Update“ (NDR Info) mit Professor Christian Drosten (Berliner Charité). Dieser sehr erfolgreiche Podcast bietet seit Beginn der Pandemie viele Informationen über die Wissenschaften Virologie und Epidemiologie (sowie die Humanmedizin). Zudem kann man aktuelle Forschung live miterleben und bekommt einen Eindruck über die kontroversen Debatten zum Thema, sowohl unter den WissenschaftlicherInnen wie auch den BürgerInnen. Dieser beispielhafte Podcast zeigt sehr deutlich zweierlei: dass jegliche wissenschaftliche Beratungsform im Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlichen Idealen und politischer Praxis steht und dass wissenschaftliche Informationen immer auch politische Prozesse direkt oder indirekt beeinflussen (sowohl absichtlich wie auch unabsichtlich).

Zum Thema gibt es zwei Seminare. Inhaltlich sind beide miteinander verzahnt, können aber auch unabhängig voneinander besucht werden.

Teil A: Im Teil A fokussieren wir gemeinsam die wissenschaftsphilosophisch relevanten Aspekte des Podcast hinsichtlich dieser Aufgaben und Frage:

• wissenschaftstheoretische Kennzeichnung der Virologie

• wesentliche Informationen über Sars-CoV-2 und die damit verbundenen Erkrankungen des Menschen

• Welche erkenntnistheoretisch relevanten Unsicherheiten zeichnet die virologische Forschung in diesem Kontext aus?

Teil B: Im Teil B fokussieren wir gemeinsam die forschungsethisch relevanten Aspekte des Podcast hinsichtlich dieser Fragen:

• Welche Ziele wissenschaftlicher Beratung wurden mit dem Podcast verfolgt und warum?

• Welche wissenschaftlichen Normen kommen in dem Podcast zum Ausdruck?

• Warum wird der wissenschaftspolitische Einfluss dieses Podcasts gesellschaftlich so kontrovers diskutiert?

Eine Anmeldung im entsprechenden OLAT-Kurs ist für die Teilnahme obligatorisch.

Modulzuordnung und inhaltliche Schwerpunkte

Modulzuordnung im Zertifikatsstudiengangs „Forschungsethik“

• Teil A: Modul GrnM2NLT 01, Vertiefung Wissenschaftsphilosophie

• Teil B: Modul GrnM2NLT 01, Modul GrnM2GS 01, Vertiefung Wissenschaftsethik; zusätzlich geöffnet für: Modul philFOEFE-01a, Fachergänzung »Forschungsethik und Wissenschaftsethos«

Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf:

1. Wissenschaftstheorie

2. Wissenschaftsethik

3. Wissenschaftssoziologie

4. Wissenschaftspolitik

Literaturempfehlungen

1. NDR-Podcast

2. Podcast zur Wissenschaftskommunikation Grams-Sprechstunde (Achtung: die wissenschaftsphilosophischen Aussagen sind unter Vorbehalt zu betrachten; interessant ist vor allem der wissenschaftskommunikative Standpunkt von Lars Fischer (Spektrum))

Anmeldung

Um am Seminar teilzunehmen, melden Sie sich bitte im gleichnamigen OLAT-Kurs an. Eine Einschreibung in den OLAT-Kurs ist obligatorisch für die Seminarteilnahme und eine Leistungsabgabe.