Anker:
Inhaltsskizze |
Seminarziele|
Literaturempfehlungen|
Anmeldung|
Seminarplan|
Inhaltsskizze
Im Zentrum dieses Blockseminars steht ein
erkenntnistheoretisches Problem, mit dem sich die tierethischen
Ansätze auseinandersetzen sollten, die die moralische Anerkennung von
Lebewesen über nicht-begriffliche Begründungsstrukturen
konzeptualisieren versuchen (bpsw. über das Mitgefühl). Über diese
plädieren insbesondere physiozentrisch orientierte AutorInnen für eine
Ausweitung der moralischen Gemeinschaft. Zur Begründung bedienen sie
sich oft einer reflexiven Argumentationsfigur: Sie schließen von etwas
Offensichtlichem auf etwas Verborgenes – etwa vom Verhalten bei
äußerer Gewalteinwirkung auf die subjektive Fähigkeit zur
Schmerzempfindung, vom Verhalten beim Lösen von Rechenaufgaben auf
kalkulatorische Fähigkeiten, von spezifischen Formen des
Sozialverhaltens auf moralische Fähigkeiten. Dabei wird in Analogie
zum Diskurs über die menschliche Moral nach ähnlichen Verhaltensweisen
gesucht, die wir Menschen mit der innerlich verankerten Rede über
Leid, Freude, Mitgefühl, Pflicht etc. verbinden. Denn diese Rede
spielt eine wesentliche Rolle im alltäglichen Miteinander und fungiert
als wichtiger Indikator für die Fähigkeiten, die wir in der Ethik thematisieren.
Das Blockseminar basiert auf der Überlegung, dass
zu dieser Art der spekulativen Konstitution moralischer Fähigkeiten im
Rahmen der physiozentrischen Tierphilosophie keine wirkliche
Alternative besteht. Denn in Mensch-Tier-Verhältnissen bleiben zwei
wichtige Zugänge zur Innerlichkeit verschlossen: Bisher können wir mit
Tieren weder verbal kommunizieren noch ihre spezifische Art von
Verpflichtungen nachempfinden, ein erkenntnistheoretisches Problem,
das Thomas Nagel am Beispiel der Fledermaus diskutiert. Im Seminar
verbinden wir dieses tierethische Problem mit der Frage, welches
Potenzial Hannah Ginsborgs Konzept der primitiven Normativität - das
sie als Antwort auf Wittgensteins und Kripkes Regelfolgenproblem
entwickelt - zu dessen Lösung besitzt. Ein solches Vorgehen bietet
sich prima facie an, da Ginsborg auf die oben genannte reflexive
Argumentationsfigur zurückgreift, um die menschliche Fähigkeit der
primitiven Normativität zu begründen. Es liegt also nahe, ihr Konzept
der primitiven Normativität für eine tierethische Begründung der
Ausweitung der Moral fruchtbar zu machen. Aber eine solche Übertragung
lehnt sie explizit ab, da Tiere aus ihrer Sicht ein solches Vermögen
nicht besitzen. Dieses Spannungsfeld soll im Verlauf des Blockseminars
ausgelotet werden.
Seminarziele
Im Seminar werden wir folgende inhaltlichen und methodischen Ziele
verfolgen:
-
Wir lesen neben den Texten von Wittgenstein, Kripke und Ginsborg auch
eine Auswahl entsprechender tierethischen Ansätze.
-
Ziel ist die kritische Analyse folgender Thesen: a) Ginsborg
verwickelt sich in Widersprüche, wenn sie die primitive Normativität
Menschen zuschreibt, jedoch Papageien nicht. b) Ihr Ansatz bietet TierphilosophInnen keine alternative Strategie, um moralische Fähigkeiten bei Tieren (deren „moral agency“) zu begründen. Denn nach Ginsborg ist die Fähigkeit der primitiven Normativität letztlich nur über zwischenmenschliche Empathie intersubjektiv zugänglich. c) Dieses Unvermögen deutet auf ein grundlegendes begründungstheoretisches Problem der im Fokus stehenden Tierethiken hin.
-
Aus methodischer Sicht stellt das Blockseminar ein Forschungsseminar
dar. Es soll vor allem die Fähigkeit eingeübt werden, anhand mehrerer
Texte unterschiedlicher Autoren Thesen kritisch zu untersuchen. Im
Blockseminar werden deshalb mit Bezug zu den drei Thesen drei Gruppen gebildet,
deren Aufgabe in der kritischen Analyse einer der Thesen auf Basis der Textlektüre
bestehen wird.
Es bietet sich eine Kombination des Blockseminars mit dem Seminar
„Hannah
Ginsborg: The Normativity of Nature“ an.
Seminarplan
Die Blockveranstaltung findet vom 07.08. bis zum 09.08.2017, jeweils 10:00–18:00 Uhr, im Raum LS6 / R.401 statt. In Klammern stehen die Nachnamen der Studierenden (gemäß OLAT), die einen Referat halten wollen.
- | Montag, 07.08.2017
- Tierethik
- 10:00 -- 11:30 Uhr: Schmitz 2014: Einleitung (Prien)
- 11:30 -- 13:00 Uhr: Schmitz 2014: Einleitung (Ters)
- 13:00 -- 14:00 Uhr: Mittagspause
- Regelfolgenproblem
- 14:00 -- 16:00 Uhr: Kripke 2006: Das Wittgensteinsche Paradox (Poddig)
- 16:00 -- 18:00 Uhr: Kripke 2006: Das Wittgensteinsche Paradox (Poddig, aber nur ein Referat)
- | Dienstag, 08.08.2017
- Ginsborgs Ansatz
- 10:00 -- 11:30 Uhr: Ginsborg 2011
- 11:30 -- 13:00 Uhr: Ginsborg 2011
- 13:00 -- 14:00 Uhr: Mittagspause
- Haddocks Kritik am Ansatz
- 14:00 -- 16:00 Uhr: Haddock 2012
- 16:00 -- 18:00 Uhr: Haddock 2012
- | Mittwoch, 09.08.2017
- Das artfremde Subjekt
- 10:00 -- 11:30 Uhr: Nagel 1974 (Tonder)
- 11:30 -- 13:00 Uhr: Kaeser 2003
- 13:00 -- 14:00 Uhr: Mittagspause
- Synopsis: Ist Ginsborgs Ansatz auf die Tierethik anwendbar?
- 14:00 -- 16:00 Uhr: Freie Diskussion -- Grenzen von Ginsborgs Ansatz
- 16:00 -- 18:00 Uhr: Freie Diskussion -- Grenzen der Tierethik
Literaturempfehlungen
Folgende Literatur
eignet sich zur Vorbereitung des Seminars (weitere Hinweise folgen in
der Vorbesprechung, siehe Anmeldung):
-
Ginsborg, Hannah (2011). Primitive Normativity and Skepticism about Rules. In: The Journal
of Philosophy, CVIII:5
-
Ginsborg, Hannah (2015): The Normativity of Nature. Essays on Kant's Critique
of Judgement, Oxford: Oxford University Press.
enthalten, siehe gleichnamigen
OLAT-Kurs.
-
Kaeser, Eduard (2003). Der Zugang zum artfremden Subjekt. In: Philosophia Naturalis, 40:1:
S. 1–42
-
Haddock, A. (2012). Meaning, Justification, and ’Primitive Normativity’. In: Aristotelian
Society Supplementary, 86:1: S. 147–174 (siehe S. 3).
-
Kripke, Saul A.; Pape, Helmut (2006): Wittgenstein über Regeln und Privatsprache. Eine elementare Darstellung. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
-
Nagel, Thomas (1974). Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? In: Analytische Philosophie des
Geistes. Hrsg. von Peter Bieri. Königstein/Tanus (1981): Anton Hain
-
Schmitz, Friederike (Hg.) (2014): Tierethik. Grundlagentexte. Berlin: Suhrkamp.
Anmeldung
Um am Seminar teilzunehmen, melden Sie sich bitte im
gleichnamigen
OLAT-Kurs an. Eine Einschreibung in den OLAT-Kurs ist
obligatorisch für die Seminarteilnahme. Informationen über die
Leistung zur Bestätigung der aktiven Teilnahme und über andere formale
Aspekte finden Sie im Lehrbrief zur Vorbesprechung.
Die Vorbesprechung findet am Donnerstag, den 29.06.2017, um 16:15-17:45 in
der Boschstraße 1 (im Besprechungsraum 108) statt.